Gemeinsam mit seinem Freund, birgt er mit einfachen Geräten bis zum Winterbeginn ein halbes Mammut : Hals- und Rumpfwirbelsäule, 23 Rippen, beide Schulterblätter, einen Oberarm, Teile des Unterarms und den Unterkiefer mit den beiden letzten Backenzähnen usw... Bredow tauft sein Mammut OSCAR. Die Bewohner von Siegsdorf ahnen nichts. Sie denken, die Jungen seien weiterhin auf Schatzsuche und die beiden hüten ihr Geheimnis. Wer hätte den Jungs denn schon geglaubt?!
Die nächsten zehn Jahre verbringt Bernard von Bredow im Ausland, wo er auch studiert. Nach dieser langen Unterbrechung wagt er sich mit seiner Entdeckung an die Öffentlichkeit. Wissenschaftler bestätigen die Echtheit seiner Funde. 1985 leitet Bredow die groß angelegte Ausgrabung im Gerhartsreiter Graben. Sie wird von der Gemeinde Siegsdorf finanziert.
Eine Tiefbaufirma leitet den Bach um. Bagger bewegen etwa 22.000m³ Erdreich und legen eine Grabungsfläche von 600m² frei. In sechs bis acht Metern Tiefe birgt Bredows Team den Rest des Skeletts: die hinteren Extremitäten, das Becken und die Schwanzwirbel. Vom Schädel sind nur Teile der Stoßzahnscheide, das Zungenbein und ein 2,78m langer Stoßzahn erhalten geblieben.
Es gibt weitere sensationelle Funde, u. a. das gut erhaltene Skelett eines Höhlenlöwen, Knochen von Wollnashörnern, vom Riesenhirsch, von Wölfen, Hyänen und von einem Wisent. Der Knochen eines linken menschlichen Oberarms und einige Geräte belegen, dass der Mensch, und zwar der Neandertaler, während dieser Eiszeit dort lebte.
Die Fundestelle ist etwa 38.500 Jahre alt, möglicherweise viel älter.Sie fällt damit auch in den Abschnitt der etwas wärmeren Hochwürmzeit, in die Epoche des Hengolo-Interstadial. Später wird sie in das Mörshofd vor 44500 Jahren datiert. Die durchschnittliche Jahrestemperatur lag nur wenig über dem Gefrierpunkt. An Stelle einer kärglichen Tundra-Vegetation gedieh damals in dieser Gegend eine üppige Krautsteppe u. a. mit Weidengehölzen. Sie lockte die Tiere in das Trauntal, unterhalb der Alpen. Da suchten sie vermutlich eine Tränke auf.
Es spricht vieles dafür, dass die Neandertaler-Jäger dieses Schlammloch gezielt bei ihrer Jagd nutzten. Bereits während sie die Beute zerlegten, stellten sie aus den Knochen Werkzeuge her. Sämtliche Tiere aus dem Gerhartsreiter Graben starben innerhalb von 25 Jahren. Das Schlammloch bietet mit seinen unterschiedlichen Funden einen kleinen Überblick über einen Teil der Fauna, die in der Eiszeit Europas Steppen belebten. Auf der Fläche von Baden-Würtemberg lebten schätzungsweise ca. 20.000 Mammute, 4.000 bis 5.000 Wollnashörner, 300.000 Wisente, Wildpferde, Moschusochsen, Rentiere und Saiga-Antilopen. Dazu kommen Höhlenlöwen und Höhlenbären, Wölfe und jede Menge kleineres Getier.
Auch der ca. 78-jährige Mammutbulle OSCAR hielt sich an dem Teich auf. Als alter Bulle war er vermutlich ein Einzelgänger. Im Kampf um die Vorherrschaft in der Herde hatten ihn längst jüngere Männchen besiegt. Kam er freiwillig, um sich zu erfrischen oder hatten ihn die Jäger dorthin getrieben?
OSCAR war also ein Greis. Aber er war weitgehend gesund und wohl genährt. 200kg pflanzliche Nahrung vertilgte so ein Mammut am Tag. Seine Zahnsubstanz ist so gut, dass er mindestens noch fünf Jahre hätte leben können. Er war also vermutlich eine Beute der Neandertaler.
Die Ausgräber legen OSCAR in leicht geneigter Seitenlage auf dem Rücken frei. Er gilt als eines der größten und ältesten bekannten Mammute Europas. Bis zur Schulter gemessen ist Oscar über 4m hoch und er wog etwa 8t.