Mammutheum® · Dr. Liegl Str. 35 · 83313 Scharam/Alzing
Tel: 08662/12120 · email: [email protected]

Weiter zur Website

Experimentelle Archäologie

 

 

Die experimentelle Archäologie ist ein relativ junger Zweig der Archäologie. Ausgehend von Funden und wissenschaftlichen Auswertungen, versetzen sich die Forscher in die praktische Welt unserer Urahnen.

 

Zitat Bernard, Sommer 1997 zu den Vorbereitungen der ZDF Dokumentar Serie "Feuer im Eis", zum Thema Aussterben des Neandertalers:

Die experimentelle Archäologie ist somit kontrollierte Schizophrenie, ein Robert Stevensons, Dr. Jekyll and Mr. Hyde-Training auf wissenschaftlicher Ebene.

Wir können uns  über Bohrkerndaten in Grönland aus Grabungsbefunden, der Analytik von Pollen, Mollusken, Knochen, Werkzeugen, ESR, C14 usw. die Bausteine holen, um eine längst vergangene Welt wiederauferstehen zu lassen. Begeben wir uns jedoch in diese unsere eigene Schöpfung, um den steinzeitlichen Jäger und Sammler zu verstehen und nutzen unkritisch unsere moderne Denkweise und Lösungsangebote, so werden wir unweigerlich der größte Feind unserer eigenen Forschung.

Natürlich liefern uns acht Wochen Steinzeit Urlaub wie in einer bekannten Fernsehsendung, mit Neuzeitfamilien aus unserer Zwangsernährungsgesellschaft, keine brauchbaren Daten, aber ganz nett sind diese Versuche schon.

 

 

Ganz im Gegensatz zu diesen kleinen Experimenten.

Sie fangen ganz harmlos an. Zunächst braucht man ein Land, welches einem erlaubt einen Hirsch mit Pfeil und Bogen umzunieten ohne dabei seinen Jagdschein zu verlieren. Das ist nicht so weit weg.

Nach dem dieses gefunden ist benötigt man:

Einen  80/26 Pfund/Zoll Eibenbogen. Eine ein bissl über 160cm lange Neolith-Bogenkopie ähnlich der vom Schniedejoch. Diese Zahnstocherartigen Handwuzelformen, mit einer durchschnittlichen Pfeilgeschwindigkeit von 55m/sec ( knapp 200kmh)  auf ein Pfeilgewicht von 37gr welche hierzulande in der Alpenregion vor 5 bis 6000 Jahren so beliebt waren.

PA200012

Die Tieschützer, welche keine Wurst essen, mögen an dieser Stelle beruhigt sein. Der Hirsch war sofort tot. Er hat, wie es sich gehört seine halbe Lunge ausgekotzt, sich dreimal überschlagen und ist nach kurzem Zappeln Tot liegen geblieben. Ein erstaunlich gutes Resultat, wenn ich mich an die oft dilletantischen Enziannasenschüsse mancher Weidmanngesellschaften (bei denen ich leider immer wieder teilnehmen musste) mit 6,5X57 erinnere, bei denen der Hund nach Stundenlanger nachsuche dem armen Vieh endlich ein Ende setzte. Es soll hier kein Plädolier für die Bogenjagd sein.Ganz im Gegenteil! In der Regel treffen Jäger präzise mit ihren Jagdgewehren. Eine Nachsuche ist heutzutage die Ausnahme. Würde man heute wieder auf Pfeil und Bogen übergehen, ist die Tierquälerei nicht zu vermeiden, da für die Bogenjagd höchste Anforderungen an den Bogenschützen gestellt werden. Schwarze Schafe (zu viel Jägermeister) oder einfach Pech gibt es immer.

 

Hier ein Auszug aus einem kleinen  Experiment:

Was passiert mit einer Obsidian Pfeilspitze wenn Sie eine Rippe eines Hirschen durchschlägt und tangentialen Scherkräften ausgesetzt ist.

Die Obsidianspitze ist sehr zerbrechlich. Würde man sie aus 2 Meter Höhe auf einen Steinboden fallen lassen, wäre sie zerbrochen.

PA200001

Der Pfeil ging nicht durch. Die Spitze hat zwei Rippen abgeschlagen. An  der hinteren gegenüberliegenden Rippe ist die Spitze abgeschert und zerbrochen. Die beiden Steinwerkzeuge halfen mir den Hirsch in eineinhalb Stunden abzuhäuten und die Innereien komplett aufzuarbeiten. Das bedeutet auch die Därme zu entleeren und für die Saitenproduktion vorzubereiten.

ObsidianArrowheadsplittson_Rib

Wenn es sich hier nicht um einen sogenannten  Lungendurchschuss gehandelt hätte, der sofort zu Tode führt, wäre die Ausschweißung (Verbluten) unzumutbar verzögert worden.

Tests mit Flintspitzen ergaben Durchschüsse, bei denen der komplette Pfeil den Wildkörper wieder verließ. Einer steckte bis zum Schaftanschlag in einem Baum.

Fazit: Zu starke Schwingungen auf steinerne Projektilköpfe insbesondere bei flüchtenden Wild verursachen Abscherungen der Projektilköpfe und Zerbrechen derselben. Das ist:

A: Kein Problem bei Präzisen Treffern auf Distanzen unter 20 Metern und Wild bis 80 kg außer Wildschweine.

B: Ein Problem in Bezug auf A bei Schussdistanzen über 20 Metern.

C: Ein größeres Problem in Bezug auf A und B wenn noch ein Tiefblatttreffer oder Eingeweidetreffer dazukommt.

D: Ein noch größeres Problem in Bezug auf A,B und C wenn noch das Gewicht überschritten wird.

E: Für den Schützen möglicherweise beängstigend oder tödlich in Bezug auf A,B,C und D wenn es sich bei dem beschossenen Tier um ein Raubtier, bösen Wiesent oder Wildschwein handelt.

Für den Steinzeitlichen Jäger gilt. Nivillieren der Jagdwaffen, hohes jagdliches Könnnen, kurze Schussdistanzen mit höchster Präzision ist alles. Bezüglich der Wildschweine habe ich in Neuseeland mit einem Captain Cooker (das ist eine Kreuzung von verwilderten Hausschweinen und ausgesetzten Wildschweinen) eine üble Überraschung erlebt. Erstaunlich wie schnell man plötzlich auf Bäume klettern kann, die einem im Normalfall unbezwingbar erscheinen. Zwischen den Schulterblättern von oben hatte er keine mit Steinen versetzte,eingetrocknete Lehmkruste.

Weiter geht es mit dem Zerlegen mit Steinwerkzeugen.